der Bunker-Kundschafter   

 

Iwan Konjew, Heerführer und Schlachtenlenker

 

Auch der damalige Gegner unserer Truppen verdient Achtung und Ehre für seine Leistung in der  Verteidigung seines Vaterlandes. So wie Rommel in Afrika seinen Gegner  schätzte und achtete verdienten auch andere Heerführer gleichsam diese Tugend der Menschlichkeit. Leider war dies im  " Ost- Feldzug " sehr wenig die Tatsache.    

                                                                                                                

Über den Werdegang dieses bedeutenden sowjetischen Marschalls gibt es in der Militärliteratur keinen einzigen konkreten Hinweis, zumindest was den Zeitraum von Konjew`s  Geburt bis zum Ausbruch des deutsch-sowjetischen Krieges von 1941 anbelangt. Auch die russischen Angaben, soweit sie uns überhaupt zugänglich sind, fallen hier recht mager aus, beschränken sie sich doch hauptsächlich auf Konjew`s militärische Karriere während des »Großen Vaterländischen Krieges von 1941 bis 1945. So sind ist man über  Konjews  Lebensweg insofern auf Vermutungen angewiesen, was den Zeitraum zwischen seiner Geburt und der Militärlaufbahn in der Roten Armee anbetrifft. Geboren wurde der  im Jahre 1944 zum Marschall  ernannte Konjew am 27. Dezember 1897  in  Ladejno bei Nikolsk. Was er im Ersten Weltkrieg, während der Oktoberrevolution und im anschließenden Bürgerkrieg von 1918 bis 1921 an militärischen Posten bekleidete, ist bis heute ungeklärt und quellenmäßig ungesichert. Auch über seine politischen Ansichten ist nichts überliefert. In der  Zeit zwischen den " Kriegen " durchlief er verschiedene Ausbildungsaktionen, z.B. 1932-1934 an der Militärakademie Frunse, und war 1937-1939 in Fernost eingesetzt. Am Vorabend des Überfalles von Deutschland auf die Sowjetunion  war  Konjew  Befehlshaber des nordkaukasischen Wehrkreises, und bei Ausbruch des Krieges zwischen Hitler und Stalin,  am 22. Juni 1941,  avancierte  er zum Oberbefehlshaber der Frontnahen 19. Armee, die mit ihrem 34. Schützenkorps und Teilen des 25. zur Reserve der sowjetischen "West-Front" gehörte. Diese sowjetische Heeresgruppe mußte gleich zu Beginn des Feldzuges eine Reihe von Niederlagen einstecken, da ihre  zwölf bis dreizehn Armeen von Guderians und  Hoths  Panzergruppen 2 bzw. 3 und den nachfolgenden Armeen eingekesselt wurden; so bei Minsk, Witebsk ', und Smolensk. In der Schlacht um Smolensk vermochte Konjew`s 19. Armee den kombinierten deutschen Panzer  und Infanterieangriff  nicht  abzuwehren,  was der überlegenen Führungskunst der Deutschen Wehrmacht in diesem Kampfabschnitt zum Erfolg führte. Ende September 1941 kämpfte Konjew`s  19. bereits weit nördlich von Smolensk , nicht mehr weit von Moskau entfernt! Die arg angeschlagene und zurückweichende russische " West-Front "  wurde nun Konjew anvertraut, der die Deutschen Kampfeinheiten  zum Stehen bringen sollte. Zu diesem Zeitpunkt bereitete sich die deutsche Heeresgruppe "Mitte" unter  dem General von Bock auf die aus seiner Sicht bevorstehende  Schlußoffensive des "Feldzuges" vor, die Moskau zum Ziel hatte. Die Masse ihrer   Panzerdivisionen schlug im August/September 1941 im Zusammenwirken mit der  Panzergruppe 1 unter dem General" Ewald von  Kleist "  die Kesselschlacht bei Kiew, womit die Flankenbedrohung der Heeresgruppe "Mitte" ausgeschaltet werden konnte. Aber auch Konjew blieb nicht untätig, nutzte  er doch die zweimonatige Atempause zur Verstärkung seiner Abwehrfront. Die blieb der Deutschen Heeresführung zwar nicht verborgen, war aber doch der entscheidene Fakt der zur Überschätzung der eigenen Kräfte führte. Ende September 1941, vor Beginn der deutschen Herbstoffensive im Mittelabschnitt der Ostfront, verfügte die Rote Armee im Vorgelände der Hauptstadt Moskau`s immerhin noch über ca.  800.000 Mann, 702 Panzer , in zunehmendem Maße  kam der T 34 zum Einsatz sowie  6808 Geschütze und Granatwerfer sowie über zahlreiche neue Milizdivisionen, die in aller Eile durch Stalin aufgestellt wurden. Es war jedoch nicht die einstige Stärke, wenngleich die Deutschen auch erhebliche Verluste erlitten, was das Kriegstagebuch des deutschen Generalstabschefs Halder schlüssig belegt. Trotzdem waren die Deutschen zu Beginn der am 30. September 1941 gestarteten Offensive  des Unternehmen " Taifun"  den russischen Truppen personell und materiell im Verhältnis zwei zu eins überlegen. Insgesamt traten nämlich 56 Infanteriedivisionen, vierzehn Panzerdivisionen und acht motorisierte Infanteriedivisionen an. In der Luft war man den Sowjets im Verhältnis drei zu eins überlegen. Die Sowjets stellten den aufmarschierenden Deutschen drei Heeresgruppen entgegen, deren nördlichste Konjew`s "West-Front"  war. Nach der sowjetischen Niederlage in der Doppelschlacht von Wjasma / Brjansk vom Oktober - November 1941 übernahm der spätere Marschall Schukow anstelle Konjew`s den Oberbefehl über die zurückweichende  "Front", während dieser am 17. Oktober 1941 die neugebildete "Kalinin Front" übernahm, deren Aufgabe der Schutz Moskaus von Nordwesten her war. In der sowjetischen Großoffensive vor Moskau, am 5./6.12. 1941, ergriff  Konjew`s " Kalinin Front" zuerst die Initiative. Es war der Anfang einer Reihe wuchtiger Schläge, die Hitlers Strategie im Osten endgültig zunichte machte, wenngleich die Wehrmacht 1942 und im Sommer 1943 noch beachtliche Teiloffensiven am Südflügel und bei Kursk startete. Wie gesagt,  eröffnete  Konjew am 5. Dezember mit frischen Truppen eine Gegenoffensive im Abschnitt Kalinin, die der deutschen 9. Armee galt. Seine sieben Angriffsarmeen warfen die 9. deutsche Armee und Teile der Panzergruppe 3 über den Verkehrsknotenpunkt Rshew bis zur Rollbahn im Raum Smolensk - Jarzewo - Wjasma zurück. Zeitweilig wurden sieben deutsche Divisionen von ihren rückwärtigen Verbindungen bei Rshew abgeschnitten, jedoch im letzten Augenblick wie durch ein Wunder gerettet.Diese Kämpfe dauerten bis in den April 1942 an, wobei auch die Deutschen seit  Januar 1942 eine Reihe von Gegenoffensiven starteten, die zwischen Demjansk und Brjansk in Gang gebracht wurden. Nach dem Abflauen der Kämpfe übernahm Konjew wieder die alleinige Verantwortung für die "West-Front". Diese Position behielt  er dann bis zum  März 1943. Auf dem  Höhepunkt der großen Panzerschlacht bei Kursk, wo im Juli 1943 sechstausend Panzer und viertausend Flugzeuge aufeinanderprallten, warf  Konjew`s "Steppen Front" die Deutschen Angriffsverbände der 4. Panzerarmee bei  Korotscha in der Linie Prochorowka - Woltschansk zurück. An dieser Aktion war auch die benachbarte " Woronesch Front"  beteiligt, die bei Obojan die Masse der deutschen Panzer abfing und somit das operative Durchbruchsziel des General Erich von Manstein  am Südflügel vor Kursk vereitelte.Konjew`s Heeresgruppe nahm nun im Zusammenwirken mit der " WoroneschFront " die Verfolgung der 4. Panzerarmee und der Deutschen " Armeeabteilung " Kempf " auf. Auf russischer Seite waren die 1. Panzerarmee und 5. Garde-Panzerarmee sowie weitere Armeegruppierungen, an dieser seit dem 3. August 1943 beginnenden Gegenoffensive beteiligt. Bereits am 23. August waren Konjew`s Truppen im Besitz von Charkow, das erst im März von den Divisionen der Waffen-SS zurückerobert worden war. Von nun an nahm Konjew`s "SteppenFront" an sämtlichen Schlachten des Südflügels der Ostfront teil,  also im gesamten Gebiet zwischen Donez und Dnjepr. Im Januar 1944 übernahm Konjew die "Zweite Ukrainische Front", die am 5. 1. 1944 mit sechs Armeen eine neue Offensive über den Dnjepr eröffnete, um endgültig die Deutschen Kampfverbände in diesem Gebiet  zu zerschlagen. Bei Tscherkassy, konnte seine Gruppierung Teile der deutschen Armee einkesseln. Bis Mitte April 1944 standen Konjew`s Verbände schon auf rumänischem Gebiet. Damit war die Ukraine endgültig zurückerobert, zumal die deutschen Gegenoffensiven zur Gewinnung der allgemeinen Dnjepr-Linie nach anfänglichen Erfolgen allesamt scheiterten - so bei Uman und Kirowograd. Im Juli 1944 wurde Konjew das Kommando über die "Erste Ukrainische Front" übertragen, deren operatives Ziel die Zerschlagung der deutschen Heeresgruppe "Nordukraine" war, die bereits in der Linie Kowel-Kolomea auf polnischem Boden stand, während die benachbarte Deutsche  Heeresgruppe "Mitte" noch ca. dreihundert Kilometer weiter östlich in der Ukraine operierte. Die sowjetische Sommeroffensive von 1944 richtete sich also gegen dies beiden gegnerischen Heeresgruppen. Die Zurückgewinnung Weißrußlands und Ostpolens war das erklärte Ziel. Im Verlauf der Operationen gelangte Konjew`s Heeresgruppe bis zur Weichsel, obwohl sie auf starke Panzerkräfte traf, die im Rahmen der 4. und 1. Panzerarmee den strategischen Auftrag hatten, einen sowjetischen Durchbruch in Richtung Danzig zu verhindern. Deshalb waren im Frontabschnitt "Nordukraine" ca. acht Panzerdivisionen massiert, während die spätere durchgebrochene und eingekesselte Heeresgruppe "Mitte" nur eine einzige Panzerdivision zur Verfügung hatte. Konjew`s neun Infanterie  und Panzerarmeen standen bereits am 29. August 1944 bei Sandomierz auf der westlichen Seite der Weichsel! Nach nur sechswöchigem Kampf!Am 12. Januar 1945 eröffnete Konjew`s  Gruppierung die Schlußoffensive gegen die Wehrmacht in Polen. Bereits nach sechs Tagen waren ihre Armeen ungefähr 150 Kilometer nach Westen vorangekommen. Sie erreichten die Linie Tschenstochau-Petrikau im Norden und Kattowitz-Krakau im Süden. Mitte Februar überwanden Konjew`s Truppen  bei Steinau die Oder und kesselten damit die schlesische Metropole ein, nachdem auch bei Ohlau-Brieg ein Brückenkopf gebildet werden konnte. Am 16. April 1945, um 6.15 Uhr, griffen acht Armeen von Konjew`s 1. Ukrainischen Armee die Stellungen der 4. Panzerarmee an der Neiße zwischen_Guben-Forst und Görlitz an. Der  Kampfauftrag lautete kurz und bündig,  Frontaldurchbruch durch die Neiße - Stellung der Deutschen, Vereinigung mit den Westalliierten an der Elbe und Unterstützung von Schukows "ErstWeißrussischer Front" beim Angriff auf  Berlin. Schon am ersten Angriffstag durchstießen Konjew`s Armeen die schwachen 22 Divisionen der 4. Deutschen Panzerarmee, die zur Heeresgrupe Mitte unter  Feldmarschall Schörner gehörte. Lediglich  bei Bautzen kamen zwei deutsche  Panzerdivisionen - die 21. und die "Hermann Göring ",  mit  180 Panzern voran. Von einer rechten Flankenbedrohung konnte jedoch keineswegs die Rede sein. Konjew`s  Gruppierungen vereinigten sich schließlich bei Potsdam mit der Armee von Schukow. Daran änderte  auch  der Entlastungsversuch der 12. Armee  unter General von Wenck nichts, zumal diese frisch aufgestellte Hunderttausendmann-Armee kurz vor Potsdam endgültig gestoppt wurde. Nach der Kapitulation Berlins am 2. Mit1 1945 mußten Teile von Konjew`s Gruppierung den restlichen Widerstand der  deutschen  Heeresgruppe "Mitte" in der Tchechoslowakei niederkämpfen. Dies erfolgte  im engen Zusammenwirken  mit anderen teilen russischer Truppenteile.  Am 11.Mai 1945 muß der  letzte intakte deutsche Großverband, mit  zirka einer Million Mann unter General Schörner kapitulieren. Der Krieg war nun auch an der Ostfront endgültig zu Ende. Konjew trug also wesentliches zur Eroberung Schlesiens, Sachsens und der Tschechoslowakei bei. Kurz nach Kriegsende wurde Konjew sowjetischer Vertreter im Alliierten Kontrollrat für Österreich. Von 1946 bis 1955 bekleidete er den Posten des ersten stellvertretenden Verteidigungsministers der UdSSR. Gleichzeitig war er Oberbefehlshaber der sowjetischen Landstreitkräfte und Befehlshaber der Sowjetunion in Österreich. In den fünfziger Jahren war er von 1955 bis 1960 Oberbefehlshaber der Streitkräfte des Warschauer Paktes, dem östlichen Gegenstück zur NATO. 1961 übernahm er für ein Jahr das Oberkommando über die Sowjettruppen in der DDR. In Konjew`s Amtszeit fällt so eine wichtige wie verherende Entscheidung im " Kalten Krieg ", und zwar  der Bau der Berliner Mauer ( 13.08.1961 ). 1962 wurde er von diesem nicht eben dankbaren Posten abgelöst. Seit 1952  war Konjew  Mitglied des Zentralkomitees der KPdSU, womit seine militärische Laufbahn auch die politische Krönung fand.

Ein großer Marschall Konjew,  starb am 21. Mai 1973 in Moskau.